Abends, als die Mutter gerade das Abendessen kochte, kam der elfjährige Sohn in die Küche, mit einem Zettel in der Hand. Er überreichte den Zettel mit einem seltsamen, amtlich anmutenden Gesichtsausdruck seiner Mutter, die sich daraufhin die Hände in der Schürze abwischte, den Zettel entgegennahm, und zu lesen begann:
Für neun Monate, in denen ich dich in freudige Erwartung versetzte: 3 Euro
Für mein Dasein, das du dir so gewünscht hast: 3 Euro
Für alle Tage, an dem ich deinem Leben einen Sinn gebe: 5 Euro
Für die Augenblicke, wo ich dich glücklich und stolz mache: 5 Euro
Für ungewünschtes Gedrückt-und Gekuschelt-Werden: 2 Euro
Für Schimpfe und Klapse: 3 Euro
Für das Weggesperrt-Werden: 3 Euro
Für alle Frühstücke, Mittagessen, Brotzeiten, Semmeln und alles, was ich gegessen habe, auch wenn ich nicht wollte: 2 Euro
Für das Anhören von Ehegezänk: 2 Euro
Für die Tage, an denen ich deinen Launen hilflos ausgeliefert bin: 2 Euro
Für alles, was ich trotzdem Tag für Tag bisher lernte: 1 Euro
Insgesamt: 31 Euro
Die Mutter blickte sanft ihren Sohn an. Sie überlegte kurz. Dann nahm sie einen Stift, und begann auf einen anderen Zettel zu schreiben:
Weil ich geheiratet habe: 300 Euro
Weil ich meine Arbeit aufgegeben habe: 300 Euro
Weil ich zwei Kinder geboren habe: 300 Euro
Weil ich zwei Kinder aufgezogen habe: 300 Euro
Weil ich einkaufen gegangen bin: 300 Euro
Weil ich Wäsche gewaschen habe: 300 Euro
Weil ich gekocht habe: 300 Euro
Weil ich geputzt habe: 300 Euro
Weil ich aufgeräumt habe: 300 Euro
Weil ich den Garten gepflegt habe: 300 Euro
Weil ich dafür sorge, dass aus meinen Kindern etwas wird: 300 Euro
Insgesamt: 3300 Euro monatlich plus lebenslanges Wohnrecht.
Als sie fertig war, gab die Mutter mit einem Lächeln den Zettel ihrem Sohn in
die Hand. Das Kind las es, und zwei große Tränen liefen aus seinen Augen. Dann drückte er den Zettel an sein Herz, und schrieb im Anschluss auf seine eigene Rechnung:
„Ein so guter Geschäftsmann wie Mutti werd ich wohl nie“.