Habe letzthin wieder den großen Rundumschlag in der Bücherei gemacht - und zwei der Beutestücke muß ich dringend mit Euch teilen...
Barbara Ewing, "Am Ende des Ozeans"
Oooh, ein tolles Buch! Nicht der erste Auswanderer-Schmöker meiner Sammlung, ganz bestimmt nicht, aber das hier war besonders.
Erzählt wird die Geschichte einer 18-jährigen, die vor ihrem sie mißbrauchenden Vater aus dem viktorianischen England nach Neuseeland flieht. Soweit, so billig.
Die Geschichte wird aber mit einem solch spröden Charme erzählt, daß man ihr nach dem etwas schwergängigen Anfang total verfällt, die Atmosphäre ist ganz, ganz dicht, die Charaktere muten wie lebendige Menschen an, die Sprache geradlinig und schön.
Über allem schonungslos beschriebenem Elend - die Zustände der Arbeiterklasse, mangelnde Hygiene, Cholera - schwebt immer wieder ein seidenglatter Humor: man muß die Sätze teilweise zweimal lesen, wenn die ganze bornierte Spießigkeit der Viktorianer aus den Dialogen spricht.
Bestimmt keine "hohe" Literatur, aber ein Sahnestück der Badewannen- und Sofalektüre.
Dean Koontz, "Todesregen"
Achgott. Koontz. Als ich ihn in der Hand hatte, fiel mir ein, daß ich vor Jahren schonmal was von ihm gelesen hatte...aber nunja. Dieses war NEU und manche Schriftsteller reifen ja mit dem Alter, oder? Also ran.
BOAAAAH! GANZ schlechter Trip!
Im Nachhinein hatte ich tatsächlich das Gefühl, dem Autor durch zwei bis sieben drogenvernebelte Nächte gefolgt zu sein. Das Buch fängt ausgesprochen nüchtern mit der Geschichte von Molly und Neil an - in der Nacht, als die Außerirdischen kommen! Da-daa!
Kurze Sätze, wenig Schnörkel, Satzbau eines Drittkläßlers. Mit dem Fortschreiten der Apokalypse aber ufert auch Koontz' Sprachstil aus, je blutiger und ekliger sich die Geschehnisse anlassen, desto farbenprächtiger die Beschreibungen.
Die Hauptdarsteller bleiben blass, konturenlos und unglaublich edel (Weltenretter! Die sind so!), während die Invasoren fröhlich ihrer Lust an Mord, Folter, Kannibalismus frönen und Koontz die eigentliche Story völlig im Blutrausch vereiert.
Wobei - die Story ist eigentlich auch egal. Man rühre die Johannesoffenbarung, Krieg der Welten, H.P. Lovecraft mit dem Pürierstab kräftig durch (und verstoße dabei mehrfach gegen das Betäubungsmittelgesetz), dann fertich. Cool. So geht das. Ich werd' Dichter.
Ärgerlich nur: T.S.Eliot und seine wunderbaren Verse so zu verwursten - das machte mich echt wütend.
Der Rest: ich denke, wer Koontz liest, weiß, worauf er sich einläßt, aber dieser Schinken war besonders blöd zusammengeklaut.
LG, Tina.