Vertikutieren entfernt nicht nur Moos, sondern schneidet bis in den Boden hinein und schädigt die Wurzeln. Das ist ein bischen wie Chemotherapie: Man hofft, dass es die bösen Pflanzen mehr schädigt als die guten.
Neben Vertikutierern gibt es noch Rasenlüfter, das sind ähnliche Geräte, die nur oberirdisch "kämmen" und so ebenfalls Moos und viele Unkräuter aus dem Rasen holen. Die Zinken der Rasenlüfter dringen nicht in den Boden ein und schonen so die Rasenwurzeln. Manche Vertikutierer kann man auch zum Belüfter umbauen durch Austausch der Walze.
Das Vertikutieren ist im Stadionbau entwickelt worden. Dort will man - anders als im Garten - möglichst wenig Humus im Boden haben. Ein humoser Boden speichert Wasser statt es durchsickern zu lassen, und im Stadion kann es so passieren dass der Regen auf der Spielfläche Pfützen bildet. Deshalb wird der Rasen im Stadion auf geschichteten Sandflächen ausgebracht, und durch Vertikutieren stellt man sicher dass sich kein/wenig organisches Material im Boden anreichert.
Irgendwann kamen Herr Wolf und Onkel Gardena darauf, dass man solche Geräte auch dem Privatkunden verkaufen kann, und seitdem hält sich die Binsenweisheit dass Vertikutieren zur guten Rasenpflege gehört.
Ich habe unser Haus in 2015 geerbt, der Rasen war in erbärmlichem Zustand, eigentlich ein Sanierungsfall. Vertikutiert wurde nicht, sondern gemäht, gedüngt - und ein an sich irreparabler Befall mit ca. 30% Klee und Gundermann weggespritzt. Mittlerweile sind die Nachbarn neidisch.
Der sogenannte Rasenfilz baut sich bei mir jeden Herbst von alleine weitgehend ab - durch Mulchen habe ich viele Regenwürmer, und die tun sich an dem abgestorbenen Material im Herbst gütlich. Einziger Haken: Im Winter produzieren die Regenwürmer an der Oberfläche jetzt enorm viele Kothaufen, was aber wiederum perfekter Stickstoffdünger ist.