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Hängeerdbeeren anbauen – 16 leckere Sorten, Pflege und Überwintern

Viele Stadtmenschen haben die faden Supermarkt-Früchte satt und möchten auf dem eigenen Balkon ernten. Das beschränkte Platzangebot wird gerne durch Ampeln oder Kultur über den Balkonkasten hängender Pflanzen ausgedehnt. Die Hängeerdbeere gilt deshalb schon seit recht langer Zeit ein absoluter Umsatzgarant, nachfolgend erfahren Sie, wie Sie auch zum Geschmacksgarant für Sie und Ihre Familie wird:

Video-Tipp

Die Mainstream- Hängeerdbeeren

Die Hängeerdbeeren vervielfältigten sich von Jahr zu Jahr, inzwischen wird man zu Beginn der Balkonsaison fast erschlagen – „sofort zugreifen“ ist aber meist nicht der beste Ratschlag: Das Internet befördert reihenweise Fotos von Hängeerdbeeren (auf Super-Mega-Versandhandelsseiten) auf den Bildschirm, denen jeder Photoshop-Nutzer sofort ansehen müsste, dass sie zu schön sind, um echt zu sein. Wenn die Hoffnung auf reiche Ernte die Regie übernimmt, wird auch gar nicht mehr nach der Sorte geschaut, sondern der Haus- und Hobbygärtner landet bei Angeboten wie diesem:

Riesen Kletter-Erdbeere, Strawberry Giant Red Climbing, 30 Samen, Produktbeschreibung: Riesen Kletter-Erdbeeren, süß und köstlich. Das war alles, Sie erfahren keinen botanischen Pflanzennamen, keine Zuchtsorte, nichts über die Aufzucht der Pflanzen und nichts über das Handelsunternehmen, das an keinem Ort im realen Leben besucht werden kann. In den Erfahrungsberichten zu diesem Angebot erzählt ein Kunde von vielen Erdbeerpflanze nach wochenlangem Warten, ein Anderer hat es zu 2 intensiv gelben Blüten und 0 Erdbeeren gebracht, der Dritte hat enttäuscht aufgegeben – auch solche Angebote können Pflanzen ergeben, Sie wissen nur nicht sicher, ob und welche (normale Erdbeeren blühen weiß).

Wenn Sie leckere, reiche Ernte einfahren wollen, sollten Sie wissen, welche Erdbeere Sie kaufen. Wenn Sie eine bestimmte Sorte wählen, können Sie später entscheiden, ob deren Früchte Ihnen schmecken oder ob Sie lieber als nächstes eine andere Sorte ausprobieren. Abseits der nicht vertrauenswürdigen Erdbeer-Wunder werden Hängeerdbeeren angeboten, die aus zwei verschiedenen Erdbeerarten „gezüchtet“ wurden (die Anführungsstriche erklären sich weiter unter):

1. Monatserdbeeren

Die Monatserdbeere ist eine Zuchtform unserer Walderdbeere „Fragaria vesca“, die länger und deutlich größere Früchte trägt. Monatserdbeeren, die besonders lange Ausläufer bilden, gehören zu den bekanntesten Hängeerdbeeren, z. B. in den Sorten:

  • Fragaria vesca var. semperflorens ‚Blanc Amélioré‘ kommt mit weißen Früchten besonderer Größe aus Großbritannien
  • Fragaria vesca var. semperflorens ‚Gartenfreude‘ kommt aus Deutschland, große Früchte
  • Fragaria vesca var. semperflorens ‚Magnum Cascade‘, pflegeleicht, Erntezeit Juni – Oktober
Erdbeerblüte

Es gibt unzählige weitere Sorten mit „Talent zum Hängen“, die je nach Marketinggeschick des Händlers als Monatserdbeeren oder Hängeerdbeeren angeboten werden. Ein netter Spaß vor allem für Kinder, die endlich einmal ständig (weil gesund) naschen dürfen; eine Erdbeer-Ernte im eigentlichen Sinne (für Erdbeeren mit Schlagsahne, Kuchen, Marmelade) erbringen diese Hängeerdbeeren aber nicht.

2. Gartenerdbeeren

Auch von unserer normalen Gartenerdbeere (die die Erdbeeren trägt, die Sie auch in der Schale im Laden erwerben) wurden länger tragende Hängeerdbeer-Formen „gezüchtet“:

  • Fragaria x ananassa ‚Hängeerdbeere‘, vielfach verkauft, aber als offizielle Zuchtsorte nicht bekannt und damit wieder eine Art „Überraschungspaket“, bei der es auf die genaue Produktbeschreibung bzw. Vertrauen zum Händler ankommt
  • Fragaria x ananassa in „Hummisorten“
  • Fragaria x ananassa ‚Hummi Praline‘ und ‚Hummi® KletterToni‘ (auch Klettererdbeere Hummi Toni) sollen sich besonders gut als Hängeerdbeeren machen
  • Fragaria x ananassa ‚ELAN F1‘ ist eine jüngere Zuchtsorte, die auch als Kletter-Erdbeere angeboten wird.

Und weitere moderne Sorten, allerdings gilt für die immertragenden Gartenerdbeeren das gleiche wie für die „hängenden Monatserdbeeren“: Eine richtige Erdbeerernte wird es nicht, mehr als Naschen ist nicht drin.

Außerdem schmecken alle remontierenden Sorten (wie die immertragenden Sorten in der Fachsprache heißen) ganz offiziell und generell schlechter als die normalen Sorten der Gartenerdbeeren. Das könnten die mit dem Verkauf solcher Hängeerdbeeren beschäftigten Züchter und Pflanzenhändler in Lehrbüchern über Anbau und Vermarktung von Erdbeeren nachlesen (unter de.wikipedia.org/wiki/Gartenerdbeere werden solche Lehrbücher aufgeführt), was sie aber offensichtlich nicht tun.

Die Entstehung der Hängeerdbeeren

Ein kurzer Blick auf die Entstehungsgeschichte dieser Hängeerdbeeren zeigt Ihnen zunächst, dass es in Wirklichkeit gar keine Hängeerdbeeren gibt.

Es gibt sehr viele Rank- oder Kletterpflanzen, quer durch die verschiedensten Pflanzenfamilien; in der Erdbeere-Familie „Rosengewächse“ wollen z. B. Kletterrosen, Brombeeren und Himbeeren hoch hinaus oder irgendwo „dekorativ abhängen“.

Nur die Erdbeere ist keine Rank- oder Kletterpflanze, kein bisschen und in keiner der gut 20 Arten, weshalb Sie bei all den Händlern vergeblich nach „Hängeerdbeerpflanzen“ suchen, die so ernsthaft in ihrem Metier tätig sind, dass sie vergessen, ihre Pflanze aus Marketinggründen umzubenennen. Erdbeerpflanzen sind ganz im Gegenteil ziemlich bodenständige krautige Pflanzen, 30 cm Höhe ist für Erdbeer-Verhältnisse „mächtig hoch“.

Hängeerdbeeren entstanden deshalb durch trickreiche Umformung vegetativer Vermehrungsorgane:  Erdbeeren treiben aus dem dickem, leicht verholzendem Wurzelstock lange fadenförmige Ausläufer, die gewöhnlich den Boden neben der Mutterpflanze „erobern“, dort Wurzeln schlagen und als neue Erdbeere weiterwachsen.

Daraus kann man was machen dachte sich bereits in den 1950er Jahren ein Züchter und züchtete eine immertragende Erdbeere, deren Ausläufer kaum bewurzeln, aber über zwei Meter lang werden. Am 11.01.1956 meldet der Spiegel die Sensation: Adolf Horstmann, Chef der Großgärtnerei Horstmann & Co. aus Elmshorn, Holstein habe die „deutsche Wunder-Erdbeere“ gezüchtet. In dem Artikel kommt das Wort Hängeerdbeeren kein einziges Mal vor. Die „größte Sensation im Beerenobstbau“, bei der „jegliche Weitervermehrung strafrechtlich verfolgt wird“, wird vom damaligen „Neckermann unter den Gärtnern“ (große Versand-Abteilung, 360 Angestellte) vielmehr als „erste immertragende Spaliererdbeere, die es auf der Welt gibt“ vorgestellt. Die nach seiner Tochter ‚Sonja Horstmann‘ benannte Wunder-Erdbeersorte wurde vom Züchter zum Patent und als geschütztes Warenzeichen angemeldet, das züchterische Geheimnis erfuhren aber selbst seine besten Freunde nicht.

Hängeerdbeeren

Der eigentliche Züchter Reinhold Hummel, der 8 Jahren am Erdbeerwunder gearbeitet hatte (einen Grund dafür, warum er das zumindest zum Schluss „in strenger Klausur“ und für Horstmann tat, nennt der Artikel nicht), verriet auch nicht viel mehr, nur dass ‚Sonja Horstmann‘ aus einer zweimal im Jahr tragenden Erdbeersorte und „amerikanischem Blut“ entstand. Während für ‚Sonja Horstmann‘ zumindest unter diesem Namen keine Patente zu finden sind, lässt Hummel 1958 die neue Erdbeersorte ‚Sonjana‘ als „US plant patent Nr. 1691“ eintragen. Sonjana entstand aus einer Kreuzung der Sorten ‚Holstein‘ und ‚Sonja Horstmann‘, trägt zwischen 25. Mai und 15. Oktober und wird wegen ihrer kräftigen, an Spalieren oder Stützen hochzuziehenden Ausläufer „Klettererdbeere“ genannt.

Adolf Horstmann wollte für die neue Wunder-Erdbeere 5,75 Mark, 1956, rechnet man vom damaligen Monatsdurchschnittslohn von 403 Mark hoch, würde er uns heute 40,- € für das Fruchtwunder abverlangen. Irgendwas hat wohl nicht geklappt, die angeblichen 300 000 Erdbeer-Bestellungen machten ihn nicht zum mehrfachen Millionär, sondern die Elsmhorner Nachrichten melden 1988 den Konkurs der Firma.

Reinhold Hummel verkauft weiter, z. B. auf der bereits erwähnten Seite www.hummibeeren.de. Die patentierte ‚Sonjana‘ könnte die Mutter all der schönen „Hummibeeren“ sein; verraten wird uns das Herr Hummel zwar sicher nicht, aber Sie wissen sicher, dass Sie es nicht mit einer Rankpflanze, sondern mit einer ganz normalen ausläuferbildenden Erdbeere zu tun haben, die nur schneller Früchte als Wurzeln an den Ausläufern bildet.

Tipp:

Die Entstehungsgeschichte der handelsüblichen Garten-Hängeerdbeere zeigt Ihnen auch, um welchem Zuchtbereich es geht: Um Zuchtbetriebe, die Erdbeersorten für den Erwerbsobstanbau entwickelt (die auch als Pflanzen verkauft werden, seit die Hobbygärtner als Absatzmarkt entdeckt wurden). Diese Erwerbsobstsorten stellen nur einen winzigen Ausschnitt der Erdbeerzuchtsorten, und sie sind bekannt dafür, dass Geschmack nicht das wichtigste Zuchtziel ist (der tatsächlich oft auf der Strecke bleibt, wie in Erfahrungsberichten in Foren regelmäßig zu lesen ist). Hausgärtner, die Erdbeeren mit Erdbeergeschmack ernten wollen, schauen sich deshalb unter den etwa 1.000 alten Erdbeersorten um.

Hängeerdbeeren, die richtige Ernte bringen

Auch private Züchter haben mit der Erntezeit der Walderdbeere experimentiert, aber den Geschmack „dringelassen“. Genug Ausläufer für Kultur in der Ampel bilden z. B. folgende „alte Erdbeersorten“ („alt“ als Sammelbegriff für Zuchtsorten, die in traditioneller Zucht abseits chemischer Labore entstanden):

  • Fragaria vesca var. semperflorens ‚Quarantaine de Prin‘, früher bedeutende französische Marktfrucht, heute in winzigen Mengen in der Region Poitou für die berühmte ‚Confiture de Quarantaine‘ gezogen. Seltene Monatserdbeere, schmackhafte, lange Früchte, lohnt unbedingt die Kultur und Rettung.
  • Fragaria vesca var. semperflorens ‚Weiße Hagmann‘, bis weit in den Herbst hinein tragende Sorte mit weißen Früchten, die zu Beginn des Sommers rund und später im Jahr länglich sind.

Aus den Gartenerdbeeren wurde auch nicht nur die ‚Sonjana‘ gezüchtet, sondern z. B. auch:

  • Fragaria x ananassa ‚Mara des Bois‘, leicht an Walderdbeeren erinnerndes Aroma, „Konditoren-Erdbeere“ für Kuchen
  • Fragaria x ananassa ‚Riesenerdbeere aus Rumänien‘, rotblühende Hängeerdbeere mit hohem Zierwert und leuchtend-roten Naschfrüchten

Viele Erdbeeren können „dekorativ rumhängen“

Alle normalen Erdbeeren bilden Ausläufer, alle normalen Erdbeeren mit kräftigem Wuchs „mutieren“ in einer Hängeampel zu Hängeerdbeeren. Wenn es um echten Erdbeergeschmack und volle Ernte geht, könnten Sie folgende Sorten in der Ampel ausprobieren:

  • Fragaria x ananassa ‚Dicke Berta‘, robuste rheinländische Erdbeersorte mit starkem Wuchs, glänzend roten und sehr saftige Früchten
  • Fragaria x ananassa ‚Macherauchs Marieva‘, köstlich fruchtige Erdbeeren mit wenig Säure, die auch Allergiker vertragen
  • Fragaria x ananassa ‚Russe Gigant‘, russische Landsorte mit riesigen wohlschmeckenden Früchten, ihr kräftiges Wachstum füllt alleine eine große Ampel
  • Fragaria moschata ‚Askungen‘, Moschuserdbeere aus Schweden mit köstlichen dunkelroten Früchten
  • Fragaria nilgerrensis, Aprikosenerdbeere, erdbeeruntypisches Aprikosenaroma, sehr helle Früchte
Tipp:

Hängeampeln vergrößern die Pflanzfläche schnell und einfach, sind aber gewöhnlich entweder ästhetisch fragwürdig oder teuer. Mit einem Trick können Sie normale Pflanztöpfe aufhängen: Bringen Sie schlichte Estrichgitter (2×1 m, 2 mm Draht, mit der Küchenschere zuschneidbar) an den Balkonwänden an und hängen Sie Ihre Töpfe daran auf. Mit kaum sichtbaren Metallhaken oder in aufwendigen Makramee-Umhüllungen, je nach persönlichem Stil.

Pflanzen und pflegen

Hängeerdbeeren

Hängeerdbeeren, egal welcher Sorte, sind kein bisschen schwieriger zu pflegen als normale Erdbeeren. Von denen (zumindest den genetisch vollständigen alten Sorten) behaupten Erdbeerkenner, dass sie alle sehr es zumindest unter den normal wachsenden, Ausläufer bildenden alten Sorten keine einfach zu pflegen sind – gute Erde, ein paar organische Nährstoffe, wenn nötig Wasser, und die Erdbeere wächst.

Die immertragenden Sorten sind eher noch einfacher zu pflegen, da sie alle unheimlich wuchskräftig sind. Anfänger können sich in den Artikeln „Balkonerdbeeren“, „Erdbeeren säen und vorziehen“, „Das beste Substrat für Erdbeeren“ über Details des Pflanzvorgangs und der Pflege informieren, ansonsten gelten für Hängeerdbeeren folgende Besonderheiten:

Da Erdbeeren keine Rankpflanzen sind, entwickeln sie auch keine Ranken, egal wie hartnäckig ihre Ausläufer so betitelt werden. Ihre Erdbeerpflanze wird sich deshalb nicht von alleine um irgendwelche Rankhilfen schlängeln (auch wenn das in der Verkaufsbeschreibung behauptet wird). Wenn Sie möchten, dass Hängeerdbeeren in eine bestimmte Richtung (am besten Richtung Sonne, wegen Süße und Aroma) über den Topfrand wachsen, müssen Sie sie dazu zwingen; wegweisende Stäbe, Seile, Schnüre installieren und die Ausläufer zart an ihnen  festbinden. Dabei können Sie gleich überlegen, ob Sie die Hängeerdbeere zum Teil zur Klettererdbeere machen, indem Sie einige Ausläufer an einer Rankhilfe noch oben aufbinden.

Im Gegensatz zu einmaltragenden Sorten, die erst im Herbst nach der Ernte wieder gedüngt werden, werden Immertragende ab Austrieb im Frühjahr gedüngt. Je nach Wuchskraft alle zwei oder sogar einmal pro Woche, mehr zum empfehlenswerten Dünger erfahren Sie im Artikel „Erdbeeren richtig düngen“.

Tipp:

Wenn Sie alle vor Anfang Juni erscheinenden Blüten entfernen, bildet die Pflanze mehr Ausläufer und trägt mehr Früchte.

Überwintern

Bei Handelszuchtsorten nur 2 bis 3 Jahre sinnvoll, weil die Pflanzen dann erschöpft sind. Manche alte Zuchtsorten sollen bis zu einem Jahrzehnt gute Ernte bringen. Ob Sie abgeerntete Ausläufer nach der Ernte oder erst im Frühjahr entfernen, ist Geschmackssache, siehe dazu auch den Absatz „Balkonerdbeeren überwintern“.

Erdbeeren Senker

Die Pflanzen sind normalerweise unkritisch winterhart (wenn eine Exotensorte diesbezüglich empfindlich ist, werden Sie in der Beschreibung darauf hingewiesen). Erdbeeren in Hängeampeln haben aber nicht das Erdvolumen einer Erdbeeren im Garten um sich und brauchen im Winter etwas Schutz, auf dem Balkon können Sie die Töpfe z. B. mit Noppenfolie oder anderem Isoliermaterial umwickeln und nah an die Hauswand hängen.

Tipp:

Frostfreie Überwinterung im Wintergarten (Hausflur), wo Sie gegen Lebensende der ersten Erdbeerpflanzen auch gleich Ausläufer für die nächste Saison im Topf bewurzeln lassen können (auch im Winter etwas gießen).

Autor Garten-Redaktion
Ich schreibe über alles, was mich in meinem Garten interessiert.

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