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Apfelmehltau bekämpfen – Bio-Spritzmittel gegen Mehltau am Apfelbaum

gesunder Apfel

Mehltau ist ein Sammelname für mehr als 100 Arten Pilze, die hellen Belag (Pilzrasen) auf Blättern hinterlassen. Es gibt Echten und Falschen Mehltau; der falsche Fuffziger gefährlicher als das Original, aber kein Apfelpilz. Gefährlich wird Mehltau eher im dichtgepflanzten Erwerbsanbau, umsichtig arbeitende Hausgärtner bekommen ihn gewöhnlich gut in Griff. Im Artikel erfahren Sie, wie Sie Apfelmehltau bekämpfen – u. a. mit überraschend einfachen Bio-Spritzmitteln:

Video-Tipp

Was ist Apfelmehltau (was ist echter und falscher Mehltau)?

Falscher Mehltau

Falsche Mehltau-Pilze heißen biologisch Peronosporaceae, sind Eipilze und damit nach neuesten Kenntnisstand Tiere (was sie nicht zum „falschen“ Mehltau macht, diesen Namen tragen sie schon lange). Peronosporaceae dringen in die Pflanze und belegen beide Blattseiten, hellen Belag mit grau-violettem Pilzrasen unten, hellgelbe Flecken oben; commons.wikimedia.org/wiki/File:Downy_and_Powdery_mildew_on_grape_leaf.JPG zeigt den Unterschied zum Apfelmehltau. „Falsch“ an diesem Mehltau ist der Belag (nicht mehlig locker, sondern kaum vom Blatt zu wischen) und der mögliche Schaden: Unbehandelt kann er Pflanzen zum Absterben bringen, was der Echte Mehltau nur bei schwer vorgeschädigten Pflanzen schafft. Ihr Apfel ist aber nicht bedroht, falsche Mehltau-Pilze bodennah wachsendes Gemüse wie Erbsen, Gurken, Kohl und Zwiebeln – aber Apfelbäume niemals, so hoch hinaus hat es noch kein Eipilz geschafft.

Tipp:

Wenn Sie gerade die ersten kleinem Flecken auf einer begrenzten Anzahl von Apfelblättern entdeckt haben, sollten Sie die  Pilzbestimmung  auf später verschieben und lieber sofort tätig werden: Sofort alle befallenen Blätter aus dem Baum schneiden und entsorgen, und den Baum am besten soweit auslichten, dass er nach Regen schnell trocknet. Jeder Pilz braucht  Feuchtigkeit, um sich gut zu entwickeln und zu verbreiten, mancher Pilzbefall kann durch schnelle Pilzentfernung und „Trockenlegen“ des Baumes gleich im Ansatz gestoppt werden.

Echter Mehltau (inklusive Apfelmehltau)

Echter Mehltau gehört zu den Schlauchpilzen, neben Ständerpilzen (die meisten Speisepilze) der für uns wichtigsten Abteilung im Reich der Pilze. Die restlichen 9 Abteilungen enthalten Kleinkram unterhalb der Wahrnehmungsgrenze, Speisepilze kann man zwar sehen und essen, aber ohne Schlauchpilze wären wir aufgeschmissen: Ohne das von einem Schlauchpilz produzierte Antibiotikum Penicillin wäre ein guter Teil der Menschheit an Infektionskrankheiten verstorben, eine Menge der Boden und Pflanzen pflegenden Mykorrhiza gehören zu ihnen, die Könige unter den Speisepilzen (Trüffeln, Morcheln) ebenfalls. Schlauchpilze arbeiten auch für uns, als Backhefe und bei der Produktion von Bier, Wein, div. Käse und Sojasauce. Besser dran wären wir ohne Schlauchpilze „nur“ insofern, dass uns einige Pflanzenkrankheiten (neben Mehltau z. B. auch Monilia), viele verschimmelte Lebensmittel und einige Hautpilze erspart blieben.

Apfelmehltau gehört zur Unterabteilung „Echte Schlauchpilze“, Ordnung „Echte Mehltaupilze“ (wir haben begriffen, alles echt an diesem Pilz), Art Apfelmehltau, wissenschaftlicher Name Podosphaera leucotricha – und für Sie ist diese  biologische Einordnung deshalb interessant, weil dieser Pilz nicht ohne Grund den Namen „Apfelmehltau“ trägt: Er befällt ausschließlich Pflanzen der Gattung Malus, von der der Apfelbaum (Kulturapfel, Malus domestica) in unseren Gärten der prominenteste Vertreter ist. Meist auch der einzige Vertreter, manchmal ist ein Purpurapfel (Malus ×purpurea) als Ziergehölz zu sehen; aber die interessanten Malus-Sorten Japanischer Wollapfel (Malus tschonoskii), Weißdornblättriger Apfel (Malosorbus × florentina), Kirschapfel (Malus baccata), Tee-Apfel (Malus hupehensis) u. a. werden momentan wohl nur von Malus-Spezialisten in/an deutsche Gärten, Parks, Alleen gepflanzt.

Außer dem Apfelmehltau sind eine Reihe von anderen Mehltau-Pilzen auf diversen Gehölze unterwegs; viele Gartengemüse und einige beliebte Blütenpflanzen haben „ihren eigenen Mehltau-Pilz“. All diese Mehltau-Pilze bleiben bei den Arten, auf die sie sich spezialisiert haben und sind meist noch leichter als der Apfelmehltau zu bekämpfen.

Apfelmehltau

Wobei der Apfelmehltau vermutlich nur deshalb als hartnäckig gilt, weil im Erwerbsobstbau ausschließlich Mehltau-anfällige Sorten anbaut werden (bit.ly/2ojncdD), auf die Sie im Hausgarten verzichten können. Eine einfache und wichtige Maßnahme im Kampf gegen Mehltau (die im Artikel zum Apfelschorf näher erläutert wird), aber wenig nutzt, wenn der Apfelbaum schon im Garten steht und eventuell Apfelmehltau- Symptome zeigt:

Befalls-Symptome und zu erwartende Schäden

Apfelmehltau macht zunächst hellen Belag auf die Blätter (nicht unbedingt weißen Belag, „inhaltsloses Weißmehl“ bekamen früher nur Könige und Adlige – das Mehl des Bürgers war graubraun, als der Pilz seinen Namen bekam). Die Flecke verbreiten sich nach und nach über immer mehr Blätter, werden grau, braun oder rostrot und vertrocknen. Befallene Blüten können verkümmern, die Assimilationsleistung der Blätter kann soweit beeinträchtigt werden, dass die ausgebildeten Früchte an Qualität verlieren und vielleicht sogar Teile der Pflanze absterben.

Interessant für Sie sind jedoch weniger genaue Farbnuancen und auch nicht der GAP (größter anzunehmender Pilz- oder Podosphaera-leucotricha-Befall), sondern wann der Pilz das tut und warum er das tut. Der eigentliche Befall begann nämlich lange vor Ausbildung des Pilzrasens, hier ein Überblick zum Lebenszyklus des Mehltau-Pilzes:

  • Mehltau produziert (irgendwo im weiteren Umfeld) „Pilzkinder“, Sporen von einem Umfang von ca. 7 µm (0,007 mm) und entsprechendem Gewicht
  • In bester Fortpflanzungslaune ist er bei Temperaturen von 10-25 °C, also ziemlich früh im Frühjahr
  • Die Winzlinge werden aus Fruchtkörpern geschleudert, um die Art durch Nachkommen zu verbreiten
  • Ihr Transportmittel ist der Wind, unschlagbar preiswert, aber recht unzuverlässig
  • Auf Warten vor dem Transport sind die Sporen deshalb vorbereitet:
  • Die Zellwände der Sporenkapsel verhindern Wasserverdunstung bis auf Reste
  • Wenn das nicht reicht, wird der Stoffwechsel eingestellt, so kann man sehr lange überleben
  • Irgendwann werden einige Mehltau-Sporen vom Wind auf den Apfelbaum geweht
  • Der „Schönwetterpilz“ greift im Gegensatz zum Großteil der Pilze auch bei trockenem, warmem Wetter an
  • Bedeutet, dass er sich in trockenen Perioden schneller ausbreitet und die Sporen bei Wärme  schneller keimen
  • Gemeint sind aber „Wärme und Trockenheit für Pilzverhältnisse“
  • Die Sporen keimen auch noch bei 10 °C, „Trocken“ heißt 70 % Luftfeuchte
  • Mehr Feuchtigkeit ist dem Mehltau lieber; allerdings braucht er keine tropfende Flüssigkeit (= nasse Blätter) wie viele Pilze
  • 70 % Luftfeuchte werden morgens oder abends auch im Frühjahr/Sommer häufig erreicht
  • Weshalb Mehltau über die ganze Saison hinweg „zuschlagen“ kann
  • Einmal gekeimte Pilze, die nicht entfernt werden, bilden den Rest der Saison weitere Sporen und verbreiten sich
  • Diese Sekundärinfektionen finden auf Blattunterseiten das beste Mikroklima
  • Sie bilden dort den mehlartigen Belag, der als heller Fleck auf die Blattoberseite durchschlägt

Wenn er sich gut über den Baum verteilt hat, hat der Pilz auch schon längst ein paar frischgewachsene Triebspitzen und schlafende Knospen besetzt, von denen in der nächsten Saison die erneute Primärinfektionen ausgeht.

Wenn Pilzreste im Apfelbaum überwintert haben, merken Sie das sofort beim Austrieb: Blattknospen und Blütenansätze erscheinen vom Pilz überpudert; Blätter, Triebspitzen und Blüten wachsen nicht richtig, dennoch gebildete Früchte zeigen Fehlfarben, netzartigen „Rost“-Überzug, Zwerg- oder Krüppelwuchs, vertrocknen irgendwann und fallen ab.

Mehltau-Bekämpfung

Biologische Mittel gegen Mehltau (und andere Pilze, und andere Schädlinge) sind weniger Öko oder Bio als schlicht und einfach die vernünftigsten Gegenmaßnahmen. Bio-Spritzmittel sind gut handhabbare Abwehr-Maßnahmen, wenn der Apfelbaum bereits von Mehltau befallen ist, und sie gehören zusammen mit vorbeugender Bekämpfung zur guten fachlichen Praxis, die auf geringst nötigen Pestizid-Einsatz abstellt und seit Reform des Pflanzenschutzgesetzes 2012 auch für Hausgärtner Pflicht ist.

Im Hausgarten haben Sie auch bei anfälligen Apfelsorten gute Chancen, einen Mehltau-Pilzmit biologischen Mitteln in die Schranken zu weisen, wenn Sie die Bio-Spritzmittel mit den unten aufgeführten weiteren Maßnahmen gegen Mehltau kombinieren.

Apfelmehltau
Tipp:

Bio-Spritzmittel + Co. machen ein wenig Arbeit, aber die aktuelle Situation unserer Handelsäpfel bietet vor allem Eltern auch viel Motivation: Im konventionellen Obstanbau bedeutet „geringst nötiger Pestizid-Einsatz“ mindestens ein Dutzend Spritztouren pro Saison, weil all die eng an eng kultivierten Apfelbäume von sechs anfälligen Apfelsorten abstammen und ohne mehrfache Pestizid-Gaben kaum reife Äpfel hervorbringen würden.

DAS Bio-Spritzmittel gegen Mehltau ist seit langem bekannt und wird genauso lange (und heute zunehmend wieder) erfolgreich angewandt:

  • Milch, ursprünglich Frischmilch, 1/8 l auf 1 l Wasser, alle paar Tage auf die Pflanze gesprüht
  • Wenn frische Milch nicht verfügbar ist: Mit pasteurisierter Milch soll es auch funktionieren
  • Da es auf die Mikroorganismen ankommt, die bei der Pasteurisierung dezimiert werden, wird hier dem Wasser 1/3 bis 1/2 Milch zugefügt
  • Molke (Flüssigkeit, die bei der Käseherstellung übrig bleibt) soll ebenfalls geeignet sein, 1:1 mit Wasser gemischt
  • Der nächste lange in der Mehltau-Bekämpfung genutzte Klassiker ist Soda (Natron), 5 EL vermischt mit 5 EL Rapsöl + 1 l Wasser
  • Soda wirkt stark hygroskopisch (= bindet Feuchtigkeit aus Umgebung, ohne die Pilze nicht leben können), Rapsöl enthält pilzschädliches Lecithin und sorgt für Haftung auf dem Blatt
  • Variationen: Backpulver (enthält Soda) mit Rapsöl und Wasser, + einige Tropfen Spüli für bessere Benetzung
  • Die Bio-Spritzmittel wirken nur bei den Pilzen, die mit den Stoffen in Kontakt kommen, u. a. deshalb soll bei festgestelltem Befall mehrfach in kurzen Abständen gespritzt werden
  • Ist bei Fungiziden meist nicht anders, aber Milch und Sodalösung kann ohne Selbstgefährdung gründlich versprüht werden  
  • Durch Regen + Tau werden die Substanzen abgewaschen, der zweite Grund für häufige Wiederholung der Behandlungen

Weitere Maßnahmen gegen Mehltau:

  • Sichtbar mit Pilz belegte Pflanzenteile so schnell wie möglich wegschneiden
  • Häufig zu lesen, aber falsch: „Blätter keinesfalls kompostieren, sondern verbrennen“.
  • Blätter mit Mehltau-Pilzen können sehr wohl kompostiert werden, weil der Pilz nur auf lebendem Pflanzengewebe überleben kann
  • Diese Blätter dürfen nur nicht oben auf dem Komposthaufen landen, weil der Wind die Mehltausporen im ganzen Garten verteilen würde
  • Sie werden IM Komposthaufen abgelegt, unter einer angehobenen Lage, gut mit halbverrottetem Material abgedeckt
  • Wenn Laub kompostiert wird, anstatt unter dem Baum zu Humus zu werden, muss der Baum etwas vom Kompost abbekommen
  • Wenn weitere Dünger, dann auf keinen Fall stickstoffbetont, das stärkt die Pilze
  • Naturnahe Gartenbewirtschaftung bringt Marienkäfer und Blattwespen in den Garten, die den Pilzdruck erheblich senken
  • Zum Obstbaum gehört allgemeine Schnittpflege mit dem Ziel eines lockeren Baum-Aufbaus
  • Dicht zugewachsene Pflanzen trocknen schlecht und werden schnell von Pilzen befallen
  • Kräuterbrühen und -jauchen sind bewährte Mittel zur Schädlingsabwehr
  • Knoblauch, Brennnesseln und Schachtelhalm enthalten natürliche Fungizide und düngen den Baum
  • Frische/getrocknete Pflanzenteile zerkleinern, 24 h in Wasser ziehen lassen, ev. erhitzen + nach Abkühlen mit Wasser verdünnen
  • Für die jeweils einzusetzenden Mengen und die jeweils anzuwendende Verdünnung existieren lange erprobte Erfahrungswerte
  • Lebermooser-Extrakt wirkt gegen alles Mögliche heilsam

Aus dem Lebenszyklus des Mehltau-Pilzes lassen sich die besten Zeitpunkte für Gegenmaßnahmen herauslesen:

  • Wenn die Information über Mehltau nach dem Mehltau-Befall erfolgt, ist der Erstbefall meist nicht mehr einzudämmen
  • Gerade beim ersten Befall lohnt sich aber unbedingt der Versuch, den Baum „pilzfrei zu schneiden“
  • Sofort nach Sichtung der Flecke schneiden und möglichst jeden Fleck wegschneiden
  • Am ersten trockenen Tag danach mit dem Einsatz der Bio-Spritzmittel beginnen
  • Im Baum überwinternde Pilzstadien werden dezimiert, wenn im Herbst die Triebspitzen ausgeknipst werden
  • Ggf. noch vor dem Austrieb vorbeugend spritzen
  • Sobald das Wetter es zulässt, stärkende fungizide Kräuterjauchen angießen
  • Sobald das Leben im Baum und im Pilz erwacht, mehrfach Milchsäurebakterien spritzen  
  • Ansonsten: Wegschnitt befallener Pflanzenteile, sobald sie gesichtet werden
  • Maßnahmen zur Senkung der Feuchte in/um den Baum (Baum auslichten, Bepflanzung insgesamt ausdünnen): Immer wenn nötig

Diese Mehltau-Bekämpfung ist machbar; wenn Sie einigermaßen konsequent vorgehen, werden Sie den Pilz in den Griff bekommen. Sie ist aber eigentlich „Stufe 2 in der Pilz-Abwehr“, weil die wichtigste Bekämpfung ausufernder Pilz-Populationen lange vorher anfängt. Alle Maßnahmen pilzabwehrender Gartenarbeit, mit der Sie auch Mehltaupilze in Schach halten, werden im Artikel „Apfelschorf – Schorfpilze mit diesen Mitteln erfolgreich bekämpfen“ aufgezählt.

Autor Garten-Redaktion
Ich schreibe über alles, was mich in meinem Garten interessiert.

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